Nur 50 Kilometer hinter der deutschen Grenze liegt Lüttich. Die Stadt hat deutsche Traditionen, französischen Charme und etwas ganz eigenes Belgisches. Dieser bunte Mix macht den Besuch in unserer Nachbarstadt so interessant. Dazu kommt, dass die Geschichte Lüttichs einer Achterbahnfahrt gleicht: Mal war die Stadt ganz oben, dann ganz unten und jetzt ist sie wieder auf dem besten Weg nach oben. Ich habe euch hier die besten Tipps für einen Tagesausflug nach Lüttich zusammengestellt.
Widersprüche, die nicht kaschiert werden
Lüttich bietet mittelalterliche Prachtbauten und neuzeitliche Industriebrachen. Gleich neben dem neuen, futuristischen Bahnhof, den Stararchitekt Santiago Calatrava geschaffen hat, beginnt die graue Alltagstristesse einer früheren Industriestadt. Wenn ihr euch auf die widersprüchliche Stadt einlasst und ein bisschen abseits der Hauptstraßen schlendert, werdet ihr viel entdecken. Denn Lüttich ist eine Stadt im Aufbruch.
Lange Jahre fehlte den Wallonen das Geld, um ihre kulturhistorischen Schätze zu pflegen. Insbesondere das ehemalige Fürstbistum Lüttich verfiel dramatisch. Doch seit einigen Jahren werden mit Hilfe der EU alte Paläste und Kirchen restauriert, neue Museen errichtet und spannende Kunstwerke geschaffen. Um sie zu entdecken, bietet die Stadt diverse offene Führungen an.
Französisches Flair und deutsche Traditionen
Lüttich ist fraglos frankophil, zugleich zählte es Jahrhunderte lang zum Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Beides strömt in der Stadt auf euch ein. Dem französischen Flair begegnet ihr in den kleinen Cafés, die es zu Dutzenden am Marktplatz gibt, den winzigen Brasserien der Altstadt und den exquisiten Restaurants entlang der Maas.
Belgische Braukunst in Lüttich
Wer gut essen und trinken will, ist in Lüttich richtig – man muss die besten Lokale nur finden. In der Brasserie C findet ihr belgische Braukunst auf höchstem Niveau. Zudem liegt das urige Lokal idyllisch am Füße des Hausbergs. Wer hier einkehrt, versteht, warum die belgische Bierkultur bereits 2016 von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt wurde.
Extra-Tipp: Wer den besonderen Charme der Region mag, wird von der wallonischen Hauptstadt begeistert sein: Namur, Hauptstadt der Wallonie – Sehenswürdigkeiten und Geheimtipps
Shopping in den Altstadtgassen von Lüttich
Besonders schöne Feinkostgeschäfte reihen sich in der Straße „En Neuvice“ aneinander. Die Gasse selbst ist ein Genuss und das gilt erst recht für den Käse, die Weine, Biere und Süßspeisen, die hier verkauft werden. Vieles davon kann auch direkt vor Ort verzehrt werden.
Restaurant Geheimtipp für Lüttich
Die Brasserie Toussaint in Outremeuse liegt auf der „falschen Seite“ der Stadt. Aber gerade das macht sie so spannend. Denn hier verkehren primär Einheimische, die die typischen Speisen der Wallonie im Jugendstil-Ambiente des Lokals genießen.
Hoteltipp für Lüttich – zentral und schön gelegen
Für alle, die den Aufenthalt in der schönen Stadt verlängern wollen, kommt hier der passende Hoteltipp: das YUST HOTEL LÜTTICH* ist geschmackvoll, bezahlbar und bietet zudem ein üppiges Frühstücksbuffet. Obwohl es direkt am neuen Bahnhof liegt, ist es recht ruhig. Zur langen Promenade an der Maas sind es nur ein paar Meter.
Schlendern und entdecken beim Tagesausflug nach Lüttich
Lüttich ist eine Stadt, die es zu erlaufen gilt – das raten auch die Bewohner. Und tatsächlich wird die Stadt umso spannender, je weiter ich in das Gewirr der kleinen Gassen eintauche. Die bunten Häuschen werden schmaler, die Verzierungen üppiger und die Dekorationen in den Fenstern ausgefallener.
Die „Straße der Engel“ in Lüttich
Während ich die Stadt durchstreife, lande ich immer wieder in Hinterhöfen, denn viele der Straßen entpuppen sich als Sackgassen. „Straße der Engel“ heißt die wohl schönste von ihnen. Sie führt auf einen Platz, wo die Bewohner eine grüne Oase mitten in der Stadt geschaffen haben. Palmen wachsen hier in großen Kübeln, Wein rankt an den Häuserwänden und Sonnenliegen stehen inmitten der Idylle.
Treppenlaufen in Lüttich – Montagne de Bueren
Montagne de Bueren ist die längste Treppe, die ich in meinem Leben jemals hochgejoggt bin. Die 374 Stufen erfordern schon ein wenig Kondition. Die Menschen, die links und rechts der Treppen wohnen, laufen diese allerdings Tag für Tag. Und das offensichtlich gerne, denn Leerstände gibt es in den Häusern nicht. Die Bewohner wissen das kostenlose Training und vor allem die Aussicht auf die Altstadt von Lüttich offenbar zu schätzen.
Und tatsächlich ist der Blick auf die Stadt vom oberen Ende der Treppe sensationell. Danach gönne ich mir ein belgisches Bier. Denn natürlich hat die Metropole auch Urbelgisches zu bieten. Wer mag, kann so das Trappistenbier der Mönche, ein belgisches Ale oder auch eines der vielen Fruchtbiere probieren. Beim Bezahlen merke ich dann, dass Lüttich zwar sehr nah an Brüssel liegt, sich preislich aber erfreulich von der europäischen Hauptstadt unterscheidet.
Die Stadt der Renaissance-Paläste
Beim Curtius-Museum, einem rot strahlenden Renaissance-Palast, wusste ich nicht, was ich mehr bewundern sollte: Das Gebäude selbst oder die fünf verschiedenen Museen im Inneren. Kostbare Gemälde, seltene archäologische Funde, religiöse Werke, alte Waffen und wechselnde Sonderausstellungen – es ist erstaunlich, was da alles zusammengetragen wurde. Die Vielseitigkeit garantiert zudem, dass hier jeder etwas finden, das ihn begeistert.
Das gilt auch für das ehemalige Palais der Fürstbischöfe von Lüttich – das Gebäude mit seiner prachtvollen Renaissancefassade zählt zu den wichtigsten Bauwerken seiner Zeit. Und die Erzählungen über die Intrigen und Machenschaften der Fürstbischöfe bieten beste Unterhaltung. Ich empfehle euch hier wirklich eine Führung, da die Geschichten wirklich pikant und amüsant sind.
Lüttich auf den Spuren von Georges Simenon
Georges Simenon, der berühmte Schriftsteller und Erfinder von Kommissar Maigret, ist in Lüttich geboren. In vielen seiner Werke lässt er seine Geburtsstadt lebendig werden und berichtet anschaulich von der Halb- und Unterwelt, in die er als junger Journalist Einblick erhielt. Heute gibt es sehr unterhaltsame Touren auf den Spuren von Georges Simenon, die zu den wichtigsten Stationen seines Lütticher Lebens führen. Auch eine entsprechende App wurde erstellt für alle, die bei ihrem Tagesausflug nach Lüttich lieber individuell unterwegs sind.
Weiterlesen: Simenon in Lüttich – auf den Spuren von Kommissar Maigret
Seheswürdigkeit: die Kirchen von Lüttich
Mehr als zwanzig sehenswerte Kirchen gibt es allein in der Innenstadt Lüttichs. Insbesondere die imposante gotische Kathedrale St. Paul ist einen Besuch wert. Denn auch St. Paul hat im Zuge der Verschönerung einen neuen Schliff und ein eigenes Museum für seinen Domschatz erhalten.
Hier kann man sehen, wie spannend uralte Kunstwerke in ultramodernen Ausstellungsräumen wirken. So wird beispielsweise ein perfekt erhaltenes, reichverziertes Messgewand aus dem 15. Jahrhundert in goldenem Licht präsentiert. Und die ehemalige Stiftskirche St. Bartholomäus hat sogar eines der „sieben Wunder Belgiens“ zu bieten: ein Messingtaufbecken aus dem 12. Jahrhundert.
Markt „La Batte“ an der Maas
Und noch ein Tipp für Flohmarktfreunde: Besucht einmal „La Batte“. Der Markt findet jeden Sonntagmorgen unmittelbar an der Maas statt und ist genauso facettenreich ist wie Lüttich selbst. Neben laut gackernden Hühnern werden hier schicke Unterhosen angeboten und noch einen Stand weiter gibt es dann die leckersten belgischen Delikatessen. Diese Mischung wäre für einen deutschen Markt undenkbar und genau deshalb schätze ich den Tagesausflug nach Lüttich.
Hinweis: Bauarbeiten in Lüttich
Hier noch ein wichtiger Hinweis für alle Lüttich-Reisende. Es wird eine neue Tram in der Stadt gebaut. Die Arbeiten sollen im April 2024 abgeschlossen sein. Lärm und Matsch sind nervig, können der Schönheit der Stadt aber nichts anhaben.
Ausflug ins Maastal nach dem Tagesausflug nach Lüttich
Kombinations-Tipp für einen längeren Aufenthalt: Lüttich ist die heimliche Hauptstadt der Wallonie. Die echte Hauptstadt heißt Namur und liegt im malerischen Maastal. Der Kontrast zwischen sanften Flusslandschaften und schroffen Felswänden macht den besonderen Reiz der Region aus: Hier findet ihr die besten Tipps für einen Roadtrip durch das Maastal.
Auch interessant für Belgien-Fans:
Keine (Zug-)Stunde dauert es von Lüttich nach Namur, der schönen Hauptstadt der Wallonie. Wer die Region mit ihrer großen kulturellen und kulinarischen Vielfalt kennenlernen möchte, ist in der Stadt perfekt aufgehoben:
Weiterlesen: Namur, Hauptstadt der Wallonie – Sehenswürdigkeiten und Geheimtipps
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Janni meint
Moin, ich lebe seit Kurzem in Lüttich und habe mir gerade deinen Beitrag durchgelesen, fasst den Charme der Stadt wirklich gut zusammen! 🙂 Beim linken der letzten beiden Bilder hab ich jedoch etwas entdeckt, was ich bisher hier noch nicht gefunden habe. Kannst du mir sagen, wo du das Bild mit der Kirche und den Häusern vor der Bergformation aufgenommen hast? Beste Grüße, Janni
Antje meint
Hi, danke für dein Lob. Die letzten beiden Fotos sind im Maastal entstanden, das wirklich traumhaft ist, und das ich als Kombi-Tipp empfohlen hatte. 🙂
Jan meint
war auch nicht da aber ich glaube, das ist Dinant in Belgien
Antje meint
Ja, das linke Bild ist in Dinant entstanden. Die beiden Fotos sollten lediglich illustrieren, wie schön es im Maastal ist, das von Lüttich aus gut erkundet werden kann. Es sollte eigentlich nicht der Eindruck entstehen, dass die Aufnahmen in der Stadt entstanden sind. :-/
Natalie meint
Hallo Antje, auch wir waren im letzten Jahr in Lüttich, allerdings schon im Frühjahr. Leider vermisse ich den tollen Bahnhof in deinem ansonsten lesenswerten Bericht. Den fand ich so klasse, ich kam kaum davon los. Darf man das Gebäude evtl. nicht abbilden, weil es noch zu neu ist?
Antje meint
Hi Natalie,
ich finde den Bahnhof auch beeindruckend, aber leider blieb keine Zeit, um Fotos zu machen. Ich hatte vor Ort ein eng getaktetes Programm.
Horst Münter meint
Bei einem Besuch an die schöne Maas , wo kann man gut und preiswert übernachten ? In der Woche nicht am Wochenende. Gibt es Jugendherbergen ?
Antje meint
Hallo Herr Münter, ich freue mich über Ihr Interesse an meinem Blog – allerdings bin ich kein Reisebüro. 🙂
Claud Duke van Dyke meint
Ja, auch meine Erinnerung an diesen damals so neuen Bahnhof in Lüttich aus wohl 2012 gilt der modernen luftig-eleganten Imposanz dieses Bauwerks.Einfach überwältigend sehens- und besuchenswert.Kenne jetzt nichts Vergleichbares.
Karinka meint
Leider ist Lüttich nicht mehr schön. Die Stadt ist eine einzige Baustelle, mit so viel Leerstand in den Straßen wie schon lange nicht mehr gesehen. Schade, aber einen Besuch ist die Stadt nicht mehr wert.
Antje Zimmermann meint
Liebe Karinka,
danke für deine aktuelle Einschätzung. Eigentlich müssten die Arbeiten an der neuen Tram im April 2024 abgeschlossen sein – aber warum sollten die Belgier schneller sein als wir? Ich bin sicher, dass die Schönheit der Stadt nach dem Ende der Bauarbeiten wieder sichtbar sein wird, und bei meinem letzten Lüttich-Besuch habe ich einfach die Seite gewechselt. Auf der anderen Maas-Seite gibt es viel zu entdecken und dort wird nicht gebaut. Tipps zur „schäl Sick“ findest du auf meinem Blog.