Nein, ich möchte euch hier nicht Rothenburg ob der Tauber vorstellen. Auch nicht Füssen mit Schloss Schwanstein, sondern Orte, die einen ähnlichen Zauber haben, aber weit weniger touristisch sind. Denn es gibt sie: schöne Kleinstädte und Dörfer in Deutschland, die mit Architektur, Geschichte und Gärten begeistern und (noch) nicht überlaufen sind. Lasst euch inspirieren, touristisches Neuland zu betreten und ich garantiere: Ihr werdet schöne Stunden erleben.
1. Kalkar am Niederrhein
Kalkar ist ein mittelalterliches Kleinod. Backstein-Giebelhäuser, kleine Kopfsteingassen und eine historische Windmühle bestimmen das Stadtbild. Auf den ersten Blick fällt auf, dass in dem Städtchen alles Struktur hat. Nichts scheint zufällig. Das liegt daran, dass Kalkar am Reißbrett entstanden ist. Gegründet wurde die Stadt im Jahr 1230, wurde bald Mitglied der Hanse und sehr reich. Dieser Reichtum zeigt sich noch heute überall im Stadtbild. Das imposante, gotische Rathaus aus dem Jahr 1446 gilt sogar als einer der wichtigsten Profanbauten des Mittelalters.
Der Marktplatz mit seinen vielen Restaurants und Cafés ist der ideale Platz, um die umgebende Schönheit in Ruhe bei einem Glas Wein oder Bier zu genießen. Kalkar ist aber nicht nur für Architektur- und Geschichtsfans spannend – unmittelbar vor den historischen Stadtmauern verlaufen mehrere Rad- und Wanderwege.
Weiterlesen: Das Mittelalterstädtchen Kalkar am Niederrhein.
2. Assinghausen im Sauerland
Assinghausen ist ein kleines, beschauliches Dorf mit rund 700 Einwohnern. Was es so bemerkenswert macht, ist die große Anzahl von blühenden Gärten: Wohin ihr auch schaut: überall werdet ihr hier Rosen entdecken. Und deshalb ist Assinghausen seit 2007 als Rosendorf anerkannt. Bundesweit gibt es nur 15 solcher Rosendörfer bzw. –städte. Die Gesellschaft deutscher Rosenfreunde verleiht den Titel, wenn die Rose prägender Bestandteil des Ortes ist. Und wer das Dorf im Sauerland einmal gesehen hat weiß, wie stark der Einfluss der „Blumenkönigin“ hier ist.
Dass in Assinghausen alles wächst und sprießt, ist dem ehrenamtlichen Engagement des örtlichen Rosenvereins zu verdanken. Der Verein veranstaltet alle zwei Jahre ein großes Rosenfest – 2019 wird es am 13. und 14. Juli stattfindet. Der Event bietet intensive Naturbegegnungen, Wanderungen und kulinarische Rosen-Highlights. Weitere Infos zum Dorf und Fest gibt es hier.
Hoteltipp für Naturfreunde
Nur rund 20 Kilometer vom Rosendorf entfernt könnt ihr idyllisch nächtigen. Der Name „Waldhaus“ kündigt bereits an, was Besucher hier erwartet: Vor, hinter und neben dem Hotel liegen die dichten Wälder des Schmallenberger Sauerlandes. Auch vom großen Spa des Hauses geht der Blick direkt in die dicht bewaldeten Berge. Hier findet ihr alle Infos zum „Waldhaus Ohlenbach“*.
3. Bad Berleburg im Siegerland
Bad Berleburg liegt im Siegerland und irgendwie hat das übermächtige Sauerland bisher den touristischen Blick auf die Region verstellt. Natürlich könnt ihr mit Auto nach Bad Berleburg fahren; viel schöner und entspannter ist die Anreise aber mit der Rothaarbahn. Die kleine Regionalbahn hat nur zwei Waggons. Besetzt sind sie mit Wanderern und Fahrradfahrern, die es zum Rothaarsteig zieht.
Idylle am Rothaarsteig
Die malerische Trasse endet in Bad Berleburg. Umgeben von dichten Fichtenwäldern stehen hier die typischen Fach- und Schieferhäuser des Siegerlandes. Und in ihrer Mitte thront Schloss Berleburg. Eines der wenigen Schlösser in NRW, das noch von den Eigentümern selbst bewohnt wird. Die Fürstenfamilie zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg lebt hier seit 750 Jahren. Bei Schlossführungen erfahrt ihr unterhaltsame Details aus dem Leben des europäischen Hochadels, der Jahrhunderte lang in Berleburg ein und aus ging.
So seht ihr das Sofa, auf dem sich Ex-Königin Beatrix und ihr späterer Prinzgemahl Claus angenähert haben. Ausgesprochen amüsant ist auch ein Eisbärenfell, das Prinzessin Benedikte von Dänemark von den grönländischen Inuits zur Hochzeit mit dem Fürsten zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg geschenkt bekam.
Hoteltipp für Architekturfans
Mitten im Rothaargebirge liegt der „Jagdhof Glashütte“*. Ich wusste vor Ort nicht, wofür ich mich mehr begeistern sollte: für die Architektur des Hauses oder die Umgebung. Schaut es euch einfach einmal an – unter der Woche ist das luxuriöse Hotel oft günstiger zu buchen.*
Extra-Tipp: Auch die historischen Kleinstädte Österreichs bieten einen spannenden Mix aus Architektur, Geschichte und Kulinarik. Drei besonders schöne Städtchen stelle ich hier vor.
4. Dinkelsbühl in Franken
Wer Dinkelsbühl durch eines der großen Tore betritt, ist sofort begeistert: Überall verwinkelte Gässchen, stolze Türme und bunte Fachwerkfassaden. In Dinkelsbühl zeigt sich das Mittelalter von seiner buntesten Seite. Dass die filmreife Kulisse noch heute existiert, hat einen ganz profanen Grund: Armut. Den Dinkelsbühlern fehlte es in der Neuzeit schlicht an Geld für Neubauten. So wurden die alten Häuser immer nur renoviert. Und wir dürfen uns heute an ihnen erfreuen.
Die Karpfen-Stadt – fränkische Spezialität
Was im benachbarten Ansbach die Bratwurst ist, ist in Dinkelsbühl der Karpfen. Ihm zu Ehren werden sogar Fischerntewochen in der Stadt abgehalten. „Karpfen blau“ ist schon seit Jahrhunderten das Traditionsgericht der Stadt. Während der Fisch im Essigsud zubereitet wird, verfärbt sich die Schleimschicht des Karpfens bläulich – so ist der Name des Gerichts entstanden. Genießen könnt ihr ihn in ganz urigen Lokalen.
Alle Fische, die während der Fischerntewoche in der Stadt serviert oder verkauft werden, stammen aus heimischen Gewässern. Überall vor den historischen Stadtmauern gibt es Teiche. In ihnen schwimmen Karpfen, aber auch Zander, Welse und Forellen. Im Herbst beginnt für die örtlichen Teichwirte die Erntezeit. Das Spektakel findet frühmorgens statt – Zuschauer sind durchaus erwünscht.
5. Mörz in der Osteifel
Künstlerdörfer wie Worpswede oder Ahrenshoop sind Touristenmagneten. Aber kaum jemand kennt das kleine Mörz in der Ostseifel, dem gleichermaßen der Zusatz „Künstlerdorf“ gebührt und das für mich definitiv zu „Schöne Kleinstädte und Dörfer in Deutschland“ zählt.
Das pittoreske Örtchen hat gerade einmal 200 Einwohner. Einer davon ist Anton Alflen. Der Bildhauer lebt und arbeitet auf einem fränkischen Bauernhof aus dem Jahr 1860. Innen und außen dient das malerische Anwesen als Ausstellungsraum für seine Arbeiten. Und hier veranstaltet er auch Bildhauerkurse. Die Kurse sind allerdings so beliebt, dass ihr lange im Voraus buchen solltet.
Der zweitägige Bildhauerkurs bei Anton Alfons endet für alle Teilnehmer mit einem selbstgeschaffenen Kunstwerk. Daneben gibt es regelmäßig Ausstellungen und Lesungen auf dem wunderschönen, historischen Hof. Gelegentlich begleitet von Musik und Kulinarik.
Wer weiter durch das Dorf streift, kommt an kleinen Gärten, alten Fachwerkhäusern und verwunschenen Innenhöfen vorbei. In einem von ihnen betreibt Keramikmeisterin Martina Brück eine Töpferei. Der Innenhof fungiert als Galerie. Im ehemaligen Schweinestall hat die Künstlerin ihre Werkstatt und hier dürfen ihr Besucher gerne über die Schulter schauen.
6. Zons im Rheinland
Zons ist so schön (und verkehrstechnisch so günstig gelegen), dass es natürlich längst entdeckt wurde. Ich werde mich deshalb hüten, das Mittelalterstädtchen als „Geheimtipp“ zu bezeichnen. Auch lässt der selbstgewählte Beiname „Rothenburg am Rhein“ befürchten, dass hier bald die Busse vorfahren. Doch noch ist es nicht so weit. Und wenn ihr es einrichten könnt, das Städtchen unter der Woche zu besuchen, werdet ihr einen nahezu märchenhaften Ort vorfinden. Allein die Lage in den Rheinauen zwischen Köln und Düsseldorf ist Idylle pur.
Entlang der historischen Stadtmauer könnt ihr in Zons wunderbar flanieren. In einem der urigen Lokale einkehren. Und dabei an jeder Ecke die mittelalterliche Schönheit des Ortes erleben: Ob es die alte Mühle ist. Die Schießscharten, die eure Blicke auf die umliegenden Auenwälder und Feuchtwiesen lenken. Oder die imposanten Türme, die noch heute über den mittelalterlichen Ort zu wachen scheinen.
Zu jedem Gebäude gibt es natürlich unzählige Geschichten. Kleine Tafeln informieren über die Stadtgeschichte und regelmäßig werden auch Führungen zu unterschiedlichen Schwerpunkten angeboten.
Schöne Kleinstädte und Dörfer in Deutschland
Was sagt ihr zu meiner Auswahl „Schöne Kleinstädte und Dörfer in Deutschland“? Kanntet ihr die Orte schon oder fühlt ihr euch zu einem Besuch animiert? Natürlich bin ich auch auf eure Tipps gespannt!
Weiterführende Links
Hier kommen noch ein paar ganz besondere Tipps, wie ihr euren Besuch in den vorgestellten Orten kombinieren könnt.
*Bei den Werbe-Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Das sind Partnerprogramme mit Unternehmen – wenn ihr über den Link auf meiner Seite ein Hotel bucht oder ein Buch kauft, bekomme ich eine kleine Provision. Für euch ist es keinen Cent teurer, aber für Blogger sind diese Einnahmen wichtig, um den Blog überhaupt betreiben zu können
Fabi meint
Es fehlt definitiv noch Quedlinburg im Ostharz
Antje meint
Das stimmt sicherlich – ich habe aber bewusst viele sehr schöne Orte (etwa auch Monschau oder Bernkastel-Kues) nicht erwähnt, weil sie m.E. schon sehr touristisch sind. Wie verhält sich das aktuell in Quedlinburg? Ich meine, es wäre auch stark frequentiert, oder?
Bm meint
Schöne Zusammenfassung habe dazu gelernt
Marion Rothschild meint
Es fehlt auf jeden Fall Ihlow (Oberbarnim) in der Märkischen Schweiz.
Antje meint
Noch nie von gehört – aber es klingt spannend. Es gibt einfach viele schöne Orte in Deutschland… 🙂
Jessica meint
Luckau in der Niederlausitz. Es ist so schön hier, dass wir kurzerhand hergezogen sind. 🙂 Geprägt von Stadthäuschen mit bunten Fassaden aus dem Mittelalter über die Barockzeit bis ins 19. Jh. Eine alte Stadtmauer, tolle gotische Katedrale und ganz ganz viele Gärten. Luckau ist Gartenstadt und 2000 fand hier das letzte Mal die Landesgartenschau statt. Touristisch ist es hier bisher kaum, trotz unmittelbarer Nachbarschaft zum Spreewald. Gruß, Jessica
Antje meint
Das ist ein ganz wunderbarer Tipp, den ich mir gerne für bessere Zeiten vormerke…;-)
Evelyn Emma Hartmann meint
Danke für die interessanten Reiseorte mit dazugehörigen Tipps.
Wir waren vor Jahren mal in Monreal in der Eifel. Da ist es wunderschön und gemütlich.
Wenn wir wieder können ,wie wir möchten, müßt ihr unbedingt die Weinschänke Stellwerk besuchen.
So nette Menschen, so leckeres Essen….
Sehenswert ist die Kunst und Töpfergalerie im alten Schulgebäude. Gemütlich war es auch im Café Plüsch.
Das bestimmt auch gemütliche Café im alten Pfarrhaus hat leider wegen Wasserschaden zu.
Lustig war, daß viele Leute immer bei unserem Reiseziel Montreal verstanden haben.
Antje meint
Das klingt nach einem echten Tipp – vielen Dank dafür!
Roswitha Heinze meint
Bad Belzig in Brandenburg besticht mit dem alten Stadtkern, der Burg Eisenhardt mit Museum und der Therme.
Die Landschaft ist durch viel Wald geprägt.
Es gibt den Fläming Radweg, der meines Wissens auch zum Skatern genutzt werden kann.
Antje Zimmermann meint
Vielen Dank für den Tipp. Bad Bdelzig klingt spannend…