Anzeige – Als die Menschen in meinem Umfeld anfingen, sich vor Jahren mit „Ich bin dann mal weg“ auf den Jakobsweg zu verabschieden, bin ich stoisch weiter „gewandert“. Auch weil ich lange dachte, dass Gläubigkeit zum Pilgern gehört – und ich sehe mich eher als Agnostikerin. Aber dann kam die Einladung, den neuen Sauerland-Camino zu erkunden. Der Pilgerweg führt über 137 Kilometer von Marsberg im Nordosten des Sauerlandes bis nach Meinerzhagen im Westen der Region. Ich liebe das Sauerland, kenne dort dutzende Wanderwege, und wurde neugierig. Auch weil meine Tour im Bergkloster Bestwig beginnen sollte: Ich bin zwar konfessionslos, aber für Klöster begeistere ich mich schon seit Jahrzehnten.
Bergkloster Bestwig – Rast für Pilger
Das Bergkloster Bestwig liegt, wie der Name es vermuten lässt, auf einer Anhöhe. Ich bin von Köln mit dem Regionalzug über Dortmund nach Bestwig gefahren, am Bahnhof ausgestiegen und die rund 1,5 Kilometer zum Kloster gelaufen. Das erste Mal, dass ich froh war, mich beim Packen meines Rucksacks aufs Wesentlichste beschränkt zu haben. Das Kloster gehört den „Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel“, eine 1807 in Frankreich gegründete römisch-katholische Ordensgemeinschaft.
An der Pforte hat mich Schwester Maria Ignatia Langela in Empfang genommen, durch das Haus geführt und geduldig meine Fragen beantwortet. Was keine Vorzugsbehandlung für neugierige Reisejournalistinnen war. Das Kloster ist sehr gastfreundlich und war bei meinem Besuch bis aufs letzte Zimmer ausgebucht: Einige Menschen machen nur für eine Nacht Station, andere bleiben länger, um zu schweigen oder mit den Schwestern zu sprechen. Überall im Ordenshaus steht Kunst, viele Bilder und Skulpturen stammen von Schwester Ignatia, die auch kreative Workshops im Kloster anbietet.
Sauerland Kloster mit Gästehaus
Das Bergkloster Bestwig ist nicht nur Anlaufstelle für Pilger. Viele Radurlauber nächtigen hier, weil der Ruhrtalradweg unmittelbar vor dem Kloster verläuft. Genauso wie der 16 Kilomter lange Klosterweg, der das Bergkloster in Bestwig mit der benachbarten Abtei Königsmünster in Meschede verbinden.
Auf dem Gelände gibt es zwei Gästehäuser mit insgesamt 47 Zimmern. Wo immer ich zum Fenster rausgeblickt habe, wuchsen Bäume, Büsche und Blumen. Ich habe in einem hellen und freundlichen Einzelzimmer im Haus der Begegnung geschlafen. Wer es luxuriöser mag, wird im Gästehaus fündig: Die großzügigen Appartements haben sogar einen Balkon mit Blick auf die Berge des Sauerlandes.
Der Pilgersegen
Schwester Maria Ignatia hat uns mit dem Pilgersegen auf den neuen Sauerland-Camino verabschiedet. Ein für mich ungewohnter, aber auch fesselnder Moment, denn es hat mir noch einmal vor Augen geführt, dass ich nicht „nur“ wandere, sondern pilgere.
Nach dem Segen gab es von meinem Wanderführer Josef Lumme, der Wegepate des Sauerland-Camino ist, ein kleines Stempelbuch und eine große Muschel, die ich an meinen Rucksack gebunden habe – das Erkennungszeichen der Pilger. Dann sind wir losgelaufen, auf Wegen, die früher von Händlern, Soldaten uns Pilgern genutzt wurden. Für die Rekonstruktion der Route hat der Sauerländer Heimatbund e.V. lange recherchiert und historisches Kartenmaterial genutzt.
Unterwegs auf dem neuen Sauerland-Camino
1. Die Maria Magdalena Kapelle in Gevelinghausen
Vom Bergkloster führt der Pilgerweg nach Gevelinghausen und zur dortigen Maria Magdalena Kapelle. Kleine, zum Teil jahrhundertealte Kapellen stehen überall entlang des Sauerland-Camino. Oft haben sie eine bewegte Geschichte und engagierte Menschen aus der Umgebung, die sich um ihren Erhalt kümmern. Ich hatte das Glück, einige dieser Frauen und Männer vor Ort zu treffen, und habe so viel über die Regionalgeschichte und auch ein paar amüsante Anekdoten erfahren.
Buchtipp: Besonders spannend war die Begegnung mit Annemarie Schmoranzer, die über viele Jahre zu den Pilgerwegen im Sauerland geforscht hat; ihr Buch zum „Wandern und Pilgern auf historischen Pfaden“ ist im Woll-Verlag erschienen.
2. Aussichtsplattform bei Heringhausen
Vorbei an blühendem Mohn und grasenden Kühen geht es von Gevelinghausen aus weiter. Durch dichten Wald und über offene Flächen, auf denen der Fingerhut im Wind tanzt. Der Boden ist weich und die Luft vom Duft des Waldes erfüllt. Die geballte Schönheit der Region zeigt sich in Heringhausen, wo an prominenter Stelle eine überdimensionale Bank als Aussichtsplattform steht.
3. Bachüberquerung bei Nierbach
Angst vor kalten Füßen? Die sollten Pilger auf dem Sauerland-Camino nicht haben. Denn es gilt auch kleinere Bäche zu überqueren, wie in Nierbach. Ich bin dem Rat meines Wanderführers Josef Lumme gefolgt und habe die Socken angelassen, weil es so weniger pickst. Socken zum Wechseln hatte ich glücklicherweise im Gepäck. Wer auf solche kleinen Abenteuer lieber verzichtet, kann auch ausweichen. Das ist aber mit Umwegen verbunden.
4. St. Agatha-Kapelle in Löllinghausen
Nicht zur Geisterstunde, sondern zu High Noon wird es in der ansonsten stillen St. Agatha Kapelle in Löllinghausen plötzlich lebendig. Denn dann läutet Gerhard Dolle die Glocke. Zusammen mit seiner Frau ist der über 80-Jährige noch heute im Förderverein der Kapelle aktiv und vergisst keinen Tag, die Glocken zum Klingen zu bringen. Für mich gibt es in der kleinen Kapelle einen weiteren Stempel für mein Pilgerbuch, das sich allmählich füllt.
5. Die Jakobuskirche in Remblinghausen
Für geübte Pilger sind 20 Kilometer vermutlich ein Katzensprung – für mich war es genau die richtige Distanz fürs Schnupperpilgern. Und so habe ich mich gefreut, als die Turmspitze der St. Jakobuskirche in Remblinghausen, das Ziel unserer Tour, auftauchte. Remblinghausen ist ein Ortsteil von Meschede, hat rund 1.800 Einwohner und hier habe ich in einem weiteren pilgerfreundlichen Betrieb übernachtet.
Landhotel Donner – pilgerfreundliche Sauerland-Unterkunft
Das Landhotel Donner in Remblinghausen, einem Ortsteil von Meschede, bietet schöne Zimmer, gutes Essen und eine Freundlichkeit, die mich an die Gastlichkeit im Bergkloster Bestwig erinnert hat. Ich hatte zuvor gehört, dass die Partnerbetriebe des Sauerland-Camino sorgfältig ausgesucht wurden und spätestens, als mich der freundliche Küchenchef fragte, ob ich vielleicht ein würziges Omelett mit Koriader zum Frühstück möchte, war ich völlig begeistert – denn genau darauf hatte ich nach der Pilgerung Appetit.
32 Pilgerherbergen auf dem Sauerland-Camino
Neben dem Bergkloster Bestwig und dem Landhotel Donner gibt es noch 30 weitere Übernachtungsbetriebe, die als „pilgerfreundlich“ ausgezeichnet wurden. Das bedeutet, dass erschöpfte Pilger besonders herzlich aufgenommen und verirrte Wanderer im Zweifelsfall abgeholt werden. Viele der Hotels und Pensionen bieten für Pilger Rabatte an. Einfach bei der Buchung fragen!
Durchgängige Beschilderung auf dem Pilgerweg
Die Jakobsmuschel als Emblem der europäischen Pilgerwege ist mittlerweile bekannt. Auf dem Sauerland Camino leuchtet die stilisierte Muschel gelb auf blauem Grund, so dass die Markierung direkt ins Auge springt. Eine durchgängige Beschilderung ist den Initiatoren wichtig, denn nicht alle Pilger können oder wollen dauernd aufs Smartphone starren. Und Digital Detox wirkt zudem wunderbar entspannend!
Auf dem Weg gibt es zwar viele Abzweigungen und an einigen Stellen ist die Streckenführung sehr überraschend, aber ich habe selbst miterlebt, wie Josef Lumme, der den Sauerland-Camino wie kein Zweiter kennt, an einigen neuralgischen Punkten noch zusätzliche Schilder angebracht hat.
Pilgern für Anfänger – mein Fazit
Der Sauerland-Camino ist ein landschaftlich reizvoller Weg, mit einer abwechslungsreichen Routenführung. Was meine Mini-Pilgerschaft von den vielen anderen Wanderungen unterscheidet, die ich in den letzten Jahren im Sauerland unternommen habe, sind die zwischenmenschlichen Begegnungen: Ich habe die Atmosphäre in den beiden pilgerfreundlichen Unterkünften als besonders herzlich empfunden und auch die Gespräche in den kleinen Kapellen werden mir lange in Erinnerung bleiben. Aktuell plane ich eine Yoga-Auszeit im Bergkloster Bestwig und eine Tour auf dem Klosterweg.
Fakten, Infos und Tipps zum Sauerland-Camino
- Länge: 137 Kilometer, streckenweise anspruchsvoll
- Start: St. Magnus Kirche in Niedermarsberg
- Ziel: Jesus Christus Kirche in Meinerzhagen
- Bodenbeschaffenheit: weicher Wald- und Wiesenboden, aber auch Asphalt, da den historischen Handels- und Heerwegen gefolgt wird
- Gepäck: nur das Notwendigste mitnehmen, mehr als 10 Prozent des Körpergewichts sollte der Rucksack keinesfalls wiegen (wetterfeste Kleidung, robuste Wanderschuhe, Wasser und Proviant dürfen keinesfalls fehlen)
- Extratipp: Zeit für Begegnungen und Besichtigungen einplanen
- Anschlussmöglichkeiten: der neue Sauerland-Camino versteht sich als Bindeglied zwischen dem Paderborner und dem Kölner Dom. Wer mag, kann seine Pilgerschaft entsprechend verlängern.
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Der Beitrag ist eine Kooperation mit Sauerland-Tourismus. Vielen Dank für das spannende Schnupperpilgern auf dem Sauerland-Camino.
Milos meint
Vielen Dank, Antje, für den Tipp. Diesen Wanderweg kannte ich bisher nicht, ich werde ihn dieses Jahr mal erwandern.
Liebe Grüße, Milos
Antje Zimmermann meint
Dann wünsche ich dir viel Spaß und bin gespannt auf deine Eindrücke.
LG
Antje
Uwe Möller-Lömke meint
Hallo Antje,
wir sind gerade in der zweiten Oktoberhälfte den ganzen Camino gewandert. Deinen Bericht habe ich erst später entdeckt, aber mit verlinkt.
https://www.komoot.com/de-de/collection/3143112/-unser-jakobsweg-paderborn-koeln-plus-bonus
Herzliche Wander- und Pilgergrüße
Uwe
Antje Zimmermann meint
Hallo Uwe,
wie schön, dass ihr den ganzen Weg laufen konntet. Danke fürs Verlinken.
LG
Antje