Dunst steigt aus dem dunklen Moor auf. Moorbirken recken ihre verkrüppelten Äste der Sonne entgegen. Und ein Birkhuhn läuft über die geschlossene Schneedecke. Der Naturpark Hohes Venn verwandelt sich im Winter in eine bizarre Märchenlandschaft. Grenzüberschreitend erstreckt er sich von der Eifel bis in die Ardennen. Auf belgischer Seite finden Besucher den größten Teil des einzigartigen Hochmoors; dazu verstreut liegende Dörfer zwischen dichten Wäldern und hügeligen Wiesen. Eine Region, die durch ihre Abgeschiedenheit wie geschaffen ist, um die Schönheiten des Winters zu genießen.
Winter im Naturpark Hohes Venn
„Venn“ bedeutet Moor. Und das „Hohe Venn“ ist ein Hochmoor – eines der letzten seiner Art in Europa. Seltene Tiere und Pflanze konnten durch einen konsequenten Naturschutz in dem wasserreichen Gebiet überleben. Und dank seines natürlichen Reichtums überrascht der Naturpark Hohes Venn zu jeder Jahreszeit mit einem anderen Farben- und Formenspiel. Meine liebste Zeit ist der Winter in der Wallonie, wenn sich die wenigen Besucher in den Weiten der weißen Landschaft verlieren.
Auch interessant: Die sommerliche Wallonie wirkt hingegen verspielt und freundlich. Die schönsten Dörfer, Schlösser und Ausflugsmöglichkeiten stelle ich hier vor.
Gleich hinter Monschau
Das Hochmoor beginnt gleich hinter einem Ort, der mittlerweile weit über die Grenzen NRWs hinaus bekannt ist: Monschau. Das pittoreske Eifelörtchen liegt ganz im Osten des Naturparks. Am westlichen Rand der geheimnisvollen Moorlandschaft liegt das belgische Spa. Auch das Städtchen dürfte den meisten Menschen ein Begriff sein – als Namensgeber und Synonym moderner Heilbäder und als Formel 1 Rennstrecke. Eupen und Malmedy bilden den nördlichen bzw. südlichen Rand des Hochmoores.
Winterwunderwelt in Eifel und Ostbelgien
Es gibt mehrere Gründe, der Region im Winter einen Besuch abzustatten: Das Hohe Venn hat eine hohe Schneewahrscheinlichkeit und viele Wintersportmöglichkeiten. Die Schneedecke ist kilometerlang, vereinzelte Sträucher und knorrige Moorbirken ragen wie drohend aus dem Boden. Alle paar Kilometer stoßen Winterwanderer auf abgelegene Bauernhöfe und kleine Ortschaften mit Einkehrmöglichkeiten. Das Hohe Venn ist wild romantisch, wenn Nebel aufkommt gelegentlich sogar ein wenig unheimlich.
Schneeschuhtouren im Naturpark Hohes Venn
Mitten in der Winterlandschaft liegt das belgische Grenzörtchen Manderfeld. Manderfeld hat gerade einmal 450 Einwohner. Drei Langlaufloipen verlaufen hier malerisch im oberen Tal der Our. Und eignen sich auch bestens für Schneeschuhtouren. Ausgebildete Venn- und Wanderführer bieten in Manderfeld Schneeschuh-Wanderungen an. Die geführten Touren durch das Hohe Venn sind ausgesprochen reizvoll und verbinden den Landschaftsgenuss mit einer Märchenstunde: Denn es ranken sich unzählige Sagen und Legenden um die abgelegene Region, von denen die einheimischen Guides gerne erzählen.
Legenden im Moor
Es gibt viele Wegekreuze im Hohen Venn. Jedes Kreuz hat seine eigene Geschichte, die meisten enden nicht glücklich. Es geht immer um mysteriöse Todesumstände: Menschen, die sich nicht richtig verhalten haben, sind ertrunken, erfroren oder ermordet worden. So gibt es zum Beispiel das Kreuz der Verlobten: ein junges Paar, das sich bei dichtem Schneetreiben für immer in der wilden Landschaft des Hochmoores verirrte.
Wintersport auf eigene Faust im Hohen Venn
Wichtig zu wissen: Der Naturpark ist Heimat für Luchse, Biber und Birkhühner. Um die seltenen Tiere zu schützen, werden die Besucher im Hochmoor geleitet. Die ganze Region ist in Zonen eingeteilt. In den Zonen A und B dürfen sich die Wanderer frei bewegen; Zone C darf nur mit einem autorisierten Venn-Führer betreten werden und Zone D gar nicht!
Naturschutz im Hohen Venn
Angeblich hat die belgische Justiz früher einmal das Betreten der verbotenen Zone strenger geahndet als den Gattenmord. Das Ganze dient dem Schutz seltener Venn-Bewohner, wie dem Birkhuhn. Wenn es nicht aufgeschreckt wird, kann es hier in Ruhe brüten und fressen – bevorzugt Blau-, Rausch und Preiselbeeren, die Lieblingsspeise der Vögel. Die Erfolge des konsequenten Naturschutzes ließen nicht lange auf sich warten. Die Birkhühner vermehren sich und es sind bereits vereinzelt Luchse im Hohen Venn gesichtet worden. Seit Juni 2019 ist das Hohe Venn rund um Monschau sogar offiziell Wolfsgebiet – was aber kein Grund zur Besorgnis darstellt: ein einzelner, männlicher Wolf ist hier heimisch geworden. Weitere Infos gibt es hier.
Der höchste Punkt Belgiens – Signal de Botrange
Auch der höchste Punkt des Landes befindet sich im Naturpark Hohes Venn. Als ich ihn das erste Mal im dichten Nebel gesehen habe, glaubte ich, dass es sich um einen Witz handelt. Denn er kommt extrem unspektakulär daher. Der „Signal de Botrange“ ist mit 694 Metern der höchste Berg Belgien. Und auf ihm wurde ein kleiner, gerade einmal 24 Meter hoher Aussichtsturm errichtet. Bei gutem Wetter soll er aber einen schönen Ausblick ins Hochmoor bieten.
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