Ein Meer aus Licht und Farben wogt durch Turin. Wellen spülen intensives Rot, beruhigendes Blau und warme Goldtöne in die Augen der Betrachter. Quelle dieses besonderen Ereignisses sind die „luci d’artista“, die jedes Jahr zur Winterzeit in der norditalienischen Stadt erstrahlen. Ich habe mir die fantasievollen Lichtinstallationen mit großer Begeisterung angesehen – in einer Stadt, wo man so viel Kunstsinn nicht unbedingt erwartet hätte, denn Turin galt lange als die Autostadt Italiens: Fiat, Lancia und Ferrari wurden hier gebaut. Doch die großen Fabriken sind längst Vergangenheit, die Gegenwart versucht Turin jetzt durch Kunst und Kultur zu gestalten. Und dabei spielen die Luci d’artista – Lichtkunst im Turiner Advent – eine wichtige Rolle.
Lichter, die Geschichten erzählen – Luci d’artista
Von außen ist es einfach nur ein schönes altes Patrizierhaus im Zentrum von Turin. Mit makelloser Fassade und historischen Sprossenfenstern. Doch wenn man durch den dunklen Torbogen in den hellen Innenhof tritt, findet man sich unverhofft in einer Märchenwelt wieder: Alles leuchtet und strahlt in dem aufwändig restaurierten Palast aus dem 17. Jahrhundert. In der Mitte zwischen den gusseisernen Balkonen und üppigen Pflanzen hängt ein filigraner Baum. Erst leuchtet er in einem warmen Weiß, dann in zartem Blau und letztlich wird er ganz bunt.
Der Farbwechsel geht dabei sanft, fast unmerklich vonstatten. Und das ist gut so. Denn die Lichtinstallationen der „luci d’artista“ sind der Gegenentwurf zur aufdringlichen Weihnachtsbeleuchtung made in USA; sie respektieren und betonen die architektonische Schönheit der barocken Stadt.
Turin – die unterschätzte Stadt Italiens
Die großen Touristenströme haben Turin bisher links liegen lassen und sind weiter nach Mailand und Florenz gezogen. Dabei hat auch Turin ein gut erhaltenes Zentrum voller Patrizierhäusern und schöner Plätze zu bieten. Diese zu entdecken, hat sich in der Vergangenheit allerdings kaum ein Urlauber bemüht. Dass ihre architektonischen Perlen derart verschmäht wurden, wurmte die Bewohner der barocken Millionenstadt schon lange. Und so entstand die Idee, die bauliche Schönheit ins rechte Licht zu setzen.
Bereits 1998 startete Turin ein damals europaweit einzigartiges Projekt und lud international anerkannte Lichtkünstler ein, Kunstwerke zu entwickeln. Die besten Objekte wurden von einer Fachjury ausgewählt und in der Adventszeit überall in der Stadt präsentiert. Mittlerweile ist die fantasievolle Lichtkunst zwischen Ende Oktober und Mitte Januar zu bewundern: 2019 werden die luci d’artista so noch bis um 13. Januar erstrahlen.
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Shoppen, Flanieren und Pausieren zu den Luci d’artista
Mittlerweile sind die Lichter zu einer festen Attraktion geworden, die viele Besucher in der Adventszeit nach Turin locken. Denn die Objekte können kostenlos in der Öffentlichkeit bewundert werden. Und niemand muss ein Kunstexperte sein, um sich an den dem Lichtermeer zu erfreuen. Auch lässt sich der Kunstgenuss in Turin perfekt mit den Dingen verbinden, die wir auf einem Städtetrip am liebsten tun: Sightseeing und Shopping. Dabei werdet ihr feststellen, dass Turin weit günstiger ist als vergleichbare italienische Städte.
Fantasievolle Lichtkunst zum Staunen und Nachdenken
Es ist übrigens eine deutsche Künstlerin, Rebecca Horn aus Michelstadt in Hessen, deren Werke sich in Turin besonderer Beliebtheit erfreuen. Ihre Lichtinstallationen sind so ungewöhnlich, dass man sie am liebsten stundenlang betrachten und in unzähligen Fotos festhalten möchte. So ließ sie beispielsweise große und kleine Kreise in einem ganz intensiven Lila rund um eine weiße Kirche tanzen, die auf einer kleinen Anhöhe steht: Das strahlende Weiß wirkt mit dem vibrierenden Lila zusammen fast außerirdisch schön. Doch auch viele andere Lichtinstallationen zaubern ein Lächeln auf die Gesichter der Betrachter oder machen neugierig – denn einigen der Künstler ist es auch wichtig, politische Botschaften mit ihren Werken zum Ausdruck zu bringen. Nicht zuletzt ist die Stadt selbst ein Kunstwerk – das erkennt man spätestens, wenn man sie von den umliegenden Bergen aus betrachtet.
Das unbekannte Italien entdecken
Nicht nur die Luci d’artista in Turin sind noch weitgehend unbekannt – viele andere schöne Events und Regionen können noch heute als untoruistisch gelten. Etwa:
- Die schönen, unbekannten Orte der Etrusker – die Toskana neu und anders erleben.
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