Ihr liebt lange Strände? Französisches Flair? Und die Gewalt der Natur? Dann wird euch Granville gefallen. Die märchenhafte Stadt am Meer ist aus mehreren Gründen beeindruckend: Hier herrschen die extremsten Gezeiten Europas – ein faszinierendes Naturschauspiel, das ich so noch nie gesehen habe. Dann begeistert die Architektur des Seebades: die neuzeitlichen Gebäude am Strand muten wie mittelalterliche Schlösser an. Und nicht zuletzt ist die Vergangenheit der Stadt spannend, denn Seefahrer und Freibeuter bestimmten ihre Geschicke.
Lange Strandpromenade in Granville
Ich schlendere an der Strandpromenade entlang. Rechts reihen sich kleine, hölzerne Umkleidekabinen auf. Und links rauscht das Meer gegen die Mauern. Von den angepriesenen Badestränden ist allerdings nichts zu sehen. Einen Moment bin ich enttäuscht, dann erinnere ich mich wieder an die Macht der Gezeiten. Alle sechs Stunden kommt und geht das Meer in Granville. Das Wasser steigt und fällt dabei um unglaubliche 16 Meter. Bis es soweit ist und die Strände der Stadt wieder auftauchen, habe ich noch ein paar Stunden. Und mache mich so auf Erkundungstour
Geheimtipp: Der schönste Garten in Granville
Unmittelbar von der Strandpromenade gelangt ihr zum verwunschenen Garten von Christian Dior. Der berühmte Modedesigner ist in Granville geboren und verbrachte seine ersten Lebensjahre hier. Um zu der Villa, die heute ein Museum ist, zu gelangen, müsst ihr allerdings ein paar Stufen erklimmen. Ich halte mich eigentlich für einigermaßen trainiert, musste unterwegs aber mehrfach stoppen und Atem holen. Dabei wurde ich von einem rüstigen Rentner überholt, der zwei Baguettestangen unterm Arm trug und pfeifend den Hügel erklomm. Oben angekommen, hat mich der Zauber des Ortes für die Mühen des Aufstiegs entschädigt.
Das Rauschen des Meeres wird vom Gesang der Vögel abgelöst. Es duftet nach Rosen und Rosmarin.
Kostenloser Besuch im Garten von Christian Dior
Der Garten kostet keinen Eintritt. Er ist im Stil eines englischen Landschaftsgartens angelegt. Ihr könnt hier spazieren gehen und Mutmaßungen darüber anstellen, inwiefern die intensiven Farben und Gerüche der Normandie den kleinen Christian zu späteren Kreationen inspiriert haben. Besonders schön ist das kleine Café im Garten. Ich habe hier einen mit Blüten und Kräutern aromatisierten Drink genossen und mich an der Atmosphäre des Ortes erfreut. Für einen Museumsbesuch war mir das Wetter zu schön, aber es gilt als sehr besuchenswert. Insbesondere natürlich für Modebegeisterte.
Die historische Oberstadt von Granville
Dann die nächste Trainingseinheit: 120 Stufen trennen die historische Altstadt von der Seepromenade. Sie liegt spektakulär auf einem 100 Meter hohen Felsvorsprung. Gegründet wurde die Oberstadt im 15. Jahrhundert von Fischern, die von Granville bis nach Neufundland fuhren. Ich laufe entlang der imposanten Stadtmauern. Im Mittelalter war die Stadt stark befestigt, denn im 100-Jährigen Krieg „schauten“ immer mal wieder die englischen Nachbarn vorbei. Die Mauern sind aus wuchtigem, grau schimmerndem Granit errichtet. Er stammt von den Chausey-Inseln, die vor Granville im Ärmelkanal liegen. Über Jahrhunderte wurde auf den Inseln Granit abgebaut und für Bauten in der gesamten Normandie genutzt.
Hoteltipp für Granville
Normalerweise bin ich keine Freundin von Kettenhotels. Aber das neu renovierte Ibis-Hotel von Granville* ist tatsächlich charmant und hat eine privilegierte Lage: direkt am Yachthafen der Stadt. Ich habe hier auf der großen Terrasse gefrühstückt, den Seglern zugeschaut und die frische Meeresluft eingeatmet.
Die Inneneinrichtung geht in Richtung modernes Low Budget Design-Hotels – was ich bei einen kurzen Städtetrip grundsätzlich mag. Alles ist übersichtlich und funktional.
Älteste Kirche von Granville
Kleine, graue Häuschen säumen die schmalen Kopfsteingassen der Oberstadt. Dutzende Blumenkübel stehen auf den Eingangstreppen und den Gehwegen. In den meisten blühen Hortensien. Blau, violett und pink – die Farben sind intensiv und der Duft betörend. Die ursprünglichen Bewohner der Altstadt waren Fischer und Seemänner. Heute werden viele der Häuschen nur noch im Sommer als Ferienhäuser genutzt. Am Marktplatz liegen zwei Cafés und eine Bar. Menschen sitzen hier bei einem Glas Wein in der Nachmittagssonne. Lesen Zeitung oder plaudern miteinander. Ich geselle mich zu ihnen und fühle mich für einen Moment wunderbar französisch.
Die Hauptstraße der Oberstadt heißt: Notre Dame. Sie führt zur gleichnamigen Kirche, die verglichen mit der imposanten Kathedrale in der Neustadt winzig ist. Die kleinen Häuser der Altstadt überragt sie dennoch deutlich. Die Kirche ist das älteste Gebäude in der Stadt. Sie wurde im 15. Jahrhundert erbaut. Noch bevor die Menschen die Zitadelle bauten, haben sie die Kirche errichtet – die Zeiten waren damals noch andere. Über Jahrhunderte beteten die Frauen von Granville in der gotischen Kirche für die sichere Heimkehr der Seefahrer.
Historische Seefahrer im Ärmelkanal
Das Meer war für die Fischer damals sehr gefährlich. Und oft sogar tödlich. Die Frauen, die in der Stadt zurückblieben, schrieben deshalb Nachrichten an die Jungfrau, die sie in kleine Modellschiffe steckten. Diese Schiffe baumeln heute von der Decke der Kirche. Sie sind zwischen 30 Zentimetern und einem Meter groß. Und in ihren Bäuchen stecken noch immer die Bitten der Frauen um sichere Heimkehr der Männer.
Ebbe und Flut – extreme Gezeiten
Wenn das Meer verschwindet, laden die langen, weißen, weichen Strände der Stadt zur nächsten Sportstunde ein. Und so jogge ich barfuß am Strand. Bewundere dabei die Bauten der Bäderarchitektur, die unmittelbar an der Promenade liegen. Granville ist seit 1979 Seebad und bei einheimischen Gästen sehr beliebt. Die Sommermonate, wenn urlaubsreife Pariser eintreffen, solltet ihr daher lieber meiden. Ich war Mitte Juni vor Ort und habe die Strände noch angenehm leer erlebt – das ändert sich im Juli und August aber!
Flohmarkt in Granville
Originell sind die Flohmärkte in Granville. Eine wilde Mischung aus Kunst und Kitsch. Klamotten und kulinarischen Köstlichkeiten. Wer vibrierende Orte voller Menschen, Stimmen und Gerüchen mag, wird sich hier wohlfühlen.
Anreise mit dem Zug nach Granville
Granville ist perfekt mit dem Zug zu erreichen. Einmal Umsteigen in Paris und schon seid ihr in der geschichtsträchtigen Stadt.
Weitere Highlights in der Normandie
Wenn ihr in Granville seid, solltet ihr einen Abstecher zu den wunderschönen Chausey-Inseln unternehmen. Sie stehen komplett unter Naturschutz und bieten nahezu karibische Strände. Die Fährzeit von Granville beträgt nur eine Stunde!
Auch Le Havre ist in der Normandie einen Besuch wert – die komplette Stadtzentrum ist UNESCO-Weltkulturerbe. Wegen der futuristischen Architektur, die weltweit ihresgleichen sucht. Wie Granville liegt Le Havre direkt am Meer.
Die Recherchereise wurde von Grandville Terre & Mer unterstützt. Vielen Dank dafür!
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Mathias Guthmann meint
Ein guter Artikel, in dieser Gegend gibt es schöne Strände, manchmal sind die in der Normandie nicht so einfach zu finden. Granville ist sicher einen Ausflug wert, gute Hoteltipps…
Antje meint
Hallo Mathias, vielen Dank für das Interesse und den Kommentar.