Jeder kennt die 100 Schlösserroute im Münsterland. Aber was ist mit der Friedensroute? Ich persönlich finde sie noch spannender, denn sie folgt den Spuren des Westfälischen Friedens, der 1648 in der Region geschlossen wurde. Wer auf der Friedensroute unterwegs ist, erlebt geballte Geschichte und üppige Landschaften. Wegen dieser Kombination wurde sie auch bereits zur NRW-Radroute des Jahres gekürt. Hier kommen ein paar Tipps, wie ihr das Beste aus einer Tour auf der Friedensroute im Münsterland macht.
Friedensroute im Münsterland – eine geschichtsträchtige Strecke
Wo früher Reiter über schlammige Pfade galoppierten, könnt ihr heute auf gut ausgebauten, asphaltierten Wegen radeln. Die Friedesroute verbindet auf 163 Kilometer die historischen Rathäuser in Münster und Osnabrück. An den beiden Verhandlungsorten hatte sich im 17. Jahrhundert die Crème de la Crème europäischer Unterhändler eingefunden, um dem Kontinent nach 30 Jahren Krieg endlich Frieden zu bringen. Mit Depeschen eilten die Friedensreiter auf der Reichspostlinie von einem Ort zum anderen. Kamen unterwegs durch die münsterländische Parklandschaft und die Ausläufer des Teutoburger Waldes. Und genau das könnt ihr heute auch erleben.
Radsportbegeistert und immer auf der Suche nach neuen Strecken? Dann schaut euch doch mal meine Tipps für den idyllischen Emsradweg im Münsterland an.
Die Rathäuser auf der Friedensroute im Münsterland
Höhepunkt der Radroute sind die Besuche in Münster und Osnabrück. Und wer bisher glaubte Geschichte sei langweilig, wird hier schnell seine Meinung ändern. So spannend schildern Stadtführer die damaligen Zustände, als 1.000 adlige Abgesandte aus ganz Europa nach Osnabrück kamen, um über den Frieden zu verhandeln. In der kleinen Stadt – Osnabrück zählte damals gerade einmal 8.000 Einwohner – herrschten während des Verhandlungsmarathons chaotische Zustände. Alles war brechend voll. Abfälle landeten massenhaft auf den Straßen und es stank zum Himmel. Statt in Himmelbetten nächtigten die Herren im Gesindetrakt oder schlimmer noch im Viehstall.
Im Schweinestall einquartiert
Neben allen Unannehmlichkeiten hatten die feinen Gesandten auch mit der deftigen westfälischen Küche so ihre Probleme. Auf den Gemälden im Friedenssaal des Rathauses sieht man von den adligen Leiden allerdings wenig. Hier hängen die Portraits der Verhandlungsführer und einer blickt würdevoller als der andere auf die Betrachter. Zwischen lauter Herren sieht man auch eine Dame: die Landgräfin Amalie Elisabeth von Hessen-Kassel. Wegen ihres Geschlechts durfte sie allerdings nicht direkt an den Verhandlungen teilnehmen und musste sich von männlichen Vasallen vertreten lassen. Dennoch hat sie die Interessen ihres protestantischen Landes überaus erfolgreich vertreten – selbst Friedrich Schiller rühmte das politische Geschick der Gräfin.
Adlige Leiden
In Münster waren die Zustände sogar noch dramatischer: Phasenweise lebten in der Stadt genauso viele Gäste wie Bewohner. Unter ihren der päpstliche Nuntius und der Onkel des französischen Sonnenkönigs. Die hohen Herren zu beherbergen und zu verköstigen, stellte die Menschen damals vor ein gewaltiges logistisches Problem. Aus lauter Angst vor der desolaten Versorgungslage ließen sich die französischen Abgesandten vorweg erst einmal 300 Kisten heimischen Wein ins münsterländische Exil schicken. Heute liest man mit einer gewissen Belustigung die Briefe, in denen sich die Herren bitter über die Stadt beschwerten: Das westfälische Wetter sei ihrer Gesundheit abträglich.
Münster – die „Heimat des Regens“
Ein italienischer Gesandter schrieb sogar, Münster sei die „Heimat des Regens“. Flehentlich bat er um seine Abberufung. Gichtgeplagt musste er dennoch sechs Jahre in der Stadt ausharren. Trotz aller Widrigkeiten waren die Gesandten aus ganz Europa letztlich doch erfolgreich. Im örtlichen Rathaus wurde ein wichtiger Teilvertrag des Westfälischen Friedens geschlossen und zugleich die Souveränität der Niederlande vertraglich festgelegt. Nach dem Besuch des Rathauses geht die Führung weiter zu den früheren Quartieren einiger prominenter Verhandlungsdelegationen und natürlich zum St. Paulus Dom – dem Wahrzeichen der Stadt und dem bedeutendsten Kirchenbau Westfalens. Es ist ungeheuer spannend die vielen skurrilen Geschichten zu hören, die sich während der fünf Jahre dauernden Friedensverhandlungen in Münster zugetragen haben, als ganz unterschiedliche Menschen aus allen Teilen Europas in der Stadt lebten.
Historisches Gasthaus auf der Friedensroute im Münsterland
Das wahrscheinlich schönste, vor allem aber historisch interessanteste Hotel entlang der Friedensroute ist das „Gasthaus zur Post“ in Ladbergen*. Wie der Name vermuten lässt, fungierte das Hotel früher als Poststation. Um die Nachrichtenübermittlung zwischen den beiden Verhandlungsorten Münster und Osnabrück zu sichern, hatte man im Vorfeld der Friedensverhandlungen spezielle Poststrecken eingerichtet. Und Ladbergen – in der Mitte zwischen den beiden Städten gelegen – war der ideale Ort für einen Zwischenstopp. In 18 Pferdeställen wurden hier die Rösser und in der großen Gaststube die Friedensreiter verpflegt.
Eine Zeitlang war das Haus sogar als Verhandlungsort im Gespräch, dann gab man aber doch anderen Orten den Vorzug. Wie im 17. Jahrhundert prasselt in der historischen Gaststube auch heute noch ein großer Kamin. Und wie zu Zeiten des Westfälischen Friedens stehen immer noch typische westfälische Gerichte wie Grünkohl oder Knochenschinken auf der Speisekarte. Daneben gibt es aber auch jede Menge leichte, moderne Kost – die Küche wird weit über die Grenze von Ladbergen hinaus geschätzt.
Extra-Tipp: Es gibt auch Radpauschalen für die Friedensroute im Münsterland. Sie werden von den Tourismusverbänden in Münster und Osnabrück angeboten. Hier o habt ihr alles inklusive: Kartenmaterial, die historischen Stadtführungen sowie fünf Übernachtungen entlang der Strecke. Während die Urlauber von Hotel zu Hotel und von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit radeln, reist das Gepäck per Bus hinterher.
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