Möchten Sie noch einmal eine altmodische Weihnachtswelt erleben? In der die Wochen vor dem Fest etwas anderes bieten, als Geschenke kaufen und Schlange stehen am Glühweinstand? Dann dürfte Ihnen der Wolfgangsee gefallen. Denn dort veranstalten die drei Anrainergemeinden St. Wolfgang, St. Gilgen und Strobl gemeinsam den „Wolfgangseer Advent“, wo Tradition und katholischer Glaube noch sehr präsent sind.
Ausladend: Der Empfang in St. Gilgen
St. Gilgen. Wer sich dem Ort vom See aus nähert, erblickt als erstes das Wahrzeichen des örtlichen Advents: Eine gigantische Kerze: Strahlend rot. Und bestimmt 14 Meter hoch. Ich fotografiere die ausladende Kerze von allen Seiten. Trinke noch schnell einen wärmenden Bratapfel-Punsch zu ihren Füßen und mache mich dann auf Erkundungstour durch den Ort.
Ich komme an einer kleinen Grünfläche vorbei. Hier stehen Maria, Josef und andere biblische Gestalten aus schlichtem, hellem Holz. Die lebensgroßen Figuren sind so angeordnet, dass sie jeweils eine Begebenheit rund um Christi Geburt darstellen: Von der Verkündigung bis zur Flucht nach Ägypten. Das Ganze nennt sich „Weg im Licht“ und lässt Betrachter einen Moment innehalten. Symbolisiert der Weg doch das spirituelle Element im Advent von St. Gilgen. Wohingegen die ausladende Kerze das Profane verkörpert. Denn sie ist in Miniatur überall im Ort anzutreffen und wird an mehreren Ständen verkauft.
Stimmungsvoll: Alpenländischer Adventsmarkt
Zwischen den geschmückten Häusern stehen verteilt im Dorf 44 Holzbuden. Besonders malerisch ist ihre Anordnung rund um die barocke Kirche von St. Gilgen. Über einer der Hütten prangt ein großes Schild mit der Aufschrift: Mit Freude schenken. Und gleich darunter steht Reinhard Praxmarer. Mit seinem dichten, weißen Bart und dem breiten Lächeln, das das ganze Gesicht erreicht, könnte er sicherlich bei einer Casting-Agentur anheuern. Ich würde ihn auf jeden Fall sofort für die Rolle des Almöhi in einer Neuverfilmung von Heidi besetzen.
Richard Praxmarer liebt alles, was aus Österreich stammt. Und deshalb ist der heimatverbundene Pensionär in St. Gilgen mehr als willkommen. Denn im Dorf wird sehr genau darauf geachtet, wer einen Stand betreiben darf. Möchte man doch heile Alpenwelt bieten. Dazu Weihnachtsmusik aus Österreich. Jingle Bells ist in St. Gilgen nicht nur verpönt, sondern offiziell verboten.
Hoteltipp für St. Gilgen
Natürlich kann man am Wolfgangsee einfach im Weissen Rössl übernachten. Doch auch in St. Gilgen gibt es ein Hotel, das ich als sehr angenehm empfunden habe. Beim „Gasthof zur Post„* hatte ich sogar Alpenbläser unter meinem Balkon, die weihnachtliche Lieder spielten – und rechtzeitig wieder aufhörten. 😉
Nächste Station: St. Wolfgang
Von St. Gilgen gelangen Besucher mit dem Schiff nach St. Wolfgang. Die Adventschifffahrt ist etwas, dessen sich nur der Wolfgangsee rühmen kann. Sobald es dämmert, leuchten Hunderte Lichter auf den Booten auf. Sie spiegeln sich im Wasser und hinter den Schiffen türmen sich die Berge auf. Wenn dann noch Schnee fällt, sind Einheimische und Gäste gleichermaßen ergriffen.
Nach knapp 30 Minuten legt das Boot in St. Wolfgang an. Schon vom weitem ist das hiesige Adventssymbol zu sehen: Eine 19 Meter hohe Laterne. Sie schwimmt im See vor dem berühmtesten Gebäude im Ort: dem Weißen Rössl.
Rund um das Weiße Rössl
Die gleichnamige Operette aus den 1930er Jahren ist noch heute den meisten Menschen ein Begriff. Und das Hotel selbst ist schon seit Jahrzehnten ein Touristenmagnet. Seit 2014 betreibt es auch einen eigenen Stand auf dem Weihnachtsmarkt: Mit hausgemachtem Glühmost aus Äpfel und Birnen. Gerüche und Geräusche erfüllen die Gassen. Und Menschen – St. Wolfgang ist neben Bad Ischl der meist besuchte Ort im Salzkammergut. Gerade die Adventszeit am See ist von Jahr zu Jahr beliebter geworden. Und die meisten Einheimischen sind sich bewusst, dass es dabei einen Spagat zwischen Tradition und Kommerz zu meistern gilt.
Weihnachtsmann-Verbot am See
Deshalb wird beim Wolfgangseer Advent sehr viel Wert auf Authentizität gelegt: Zu den Kindern kommt das Christkind und nicht etwa der Weihnachtsmann. Der ist offiziell aus der Region verbannt. Was in den Medien sehr viel Beachtung gefunden hat. Sogar in den USA: So titelte eine Zeitung aus Minnesota: „No, no, no to hohoho“. Ohne laut bimmelnden Weihnachtsmann lässt sich die Atmosphäre des alten Ortes auch weit besser genießen. Unmittelbar am See, direkt neben der Kirche, liegt die Bäckerei der Familie Gandl. Barbara Gandl freut sich über das gute Geschäft in der Adventszeit, die vor 15 Jahren noch „tote Hose“ war. Sie sieht aber auch eine große Verantwortung. Denn St. Wolfgang ist ein sehr alter Wallfahrtsort und die Familie stellt schon seit 1806 das Pilger-Gebäck schlechthin her: Lebkuchen.
Hoteltipp für St. Wolfgang
Wenn ihr in St. Wolfgang seid, solltet ihr einmal im „Weissen Rössl“ absteigen. Das Hotel ist nicht umsonst eine Legende. Und der neue Spa, von dem aus ihr sogar im See schwimmen könnt, ist wirklich fantastisch. Hier findet ihr weitere Infos und Fotos zu dem Traditionsbetrieb.*
Letzte Station: Strobl
Direkt neben Geschäft und Kirche ist die Anlegestelle für die Adventsschiffe nach Strobl. Knapp 15 Minuten dauert die Überfahrt zum kleinsten und ursprünglichsten Ort des Wolfgangseeradvents. Alles ist in Strobl reduziert: Licht, Schmuck, Musik und nicht zuletzt die Besucherzahlen. Im Bemühen sich von den beiden größeren Orten abzugrenzen und die eigene Identität zu betonen, setzt Strobl im Advent auf Krippen. Die ganze Dekoration bespielt das Krippenthema. Und es werden im Ort ausschließlich Naturmaterialien wie Moos, Holz und Steine verwandt.
Das Krippendorf bietet urige Gemütlichkeit
Marias Umhang fällt weich um ihre Knie und in Josephs Gesicht sind feine Falten zu erkennen. Die Arbeiten von Holzbildhauer Matthäus Mayrhauser sind kunst- und liebevoll. Jedes Detail hat er deutlich herausgearbeitet und dabei auf alles Überflüssige verzichtet. So sind die Holzfiguren unbehandelt, ohne jede Malerei. Auffallend ist das Fehlen einer bestimmten Krippenfigur: Vor dem 24. Dezember gibt es in ganz Strobl kein Christkind zu sehen. Die lebensgroßen Figuren des Künstlers stehen unmittelbar am Seeufer. Wenige Meter weiter im Gemeindehaus werden dutzende kleine Krippen in einer Ausstellung gezeigt.
Appetitliche Gerüche wehen durch den Ort
Eine Handvoll Besucher geht von Krippe zu Krippe. Und auch vor dem Gemeindehaus geht es entspannt zu. Der Strobeler Adventsmarkt spielt sich primär in einer einzigen Straße ab. Unter alten, vermoosten Bäumen stehen hier links uns rechts kleine Holzhütten.
Aus einer von ihnen dringt ein sehr appetitlicher Duft. Sebastian Breitfuss bereitet hier Nocka zu. Eine Art Knödel aus Mehl, Wasser und Salz. Da die Nocka sehr gut haltbar sind, haben Holzknechte sie früher mit in den Wald genommen. Heute werden sie deftig mit Sauerkraut oder süß mit Apfelscheiben serviert. Und beides ist gleichermaßen köstlich.
Abends wird in Strobl dann noch ein besonders besinnlicher Moment geboten: Ein mittelalterliches Konzert in der Dorfkirche. Hier singt Sabine Lutzenberger „O Maria pya“ – unterstützt von dem Ensemble „Mönch von Salzburg“. Selbst ich, die ich normalerweise immun gegen Weihnachtsglückseligkeit bin, werde allmählich nostalgisch.
Noch mehr Weihnachtsnostalgie
Die Recherchereise erfolgte mit freundlicher Unterstützung von Wolfgangsee Tourismus Gesellschaft. Vielen Dank dafür.
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