Dass das Ruhrgebiet ein faszinierender Ort ist, weiß in NRW vermutlich jeder. Denn das Revier überrascht immer wieder: Etwa mit den vielen Tier- und Pflanzenarten, die heute auf den früheren Industriebrachen leben. Wie vielfältig die Natur im Pott tatsächlich ist, wissen aber vermutlich nur die Wenigsten. Ich möchte Ihnen deshalb einen ganz besonderen Gemeinschaftsgarten in Essen-Katernberg vorstellen und dann noch meinen persönlichen Favoriten: Amphibien-Führungen auf Zeche Zollverein. Zwei Highlights von Essen – Grüne Hauptstadt 2017.
Amphibien-Führungen auf Zeche Zollverein
Seit 2014 gibt es Amphibien-Führungen auf dem Gelände, die in Kooperation vom NABU Ruhrgebiet und dem Ruhr Museum durchgeführt werden. Die Touren bieten tiefe Einblicke in die eigentümliche Schönheit des Ortes und die enorme Kraft der Natur. Frösche, Molche und Kröten – sie alle leben in den verschiedenen Feuchtbiotopen der großen Industriebrache.
Kreuzkröten sind die „Ruhrgebietsamphibien“
Besonders häufig ist auf dem Areal eine Kröte anzutreffen, die anderenorts bereits sehr selten geworden ist und sogar auf der Roten Liste der gefährdeten Arten steht: die Kreuzkröte. Zu erkennen ist sie an einer gelblichen Linie, die über ihr „Kreuz“ , also den Rücken, verläuft.
Es ist faszinierend, wenn Diplom-Umweltwissenschaftler Bernhard Demel bei seinen Führungen über Kreuzkröten und andere Zechen-Bewohner berichtet. Denn die Tiere sind wahre Überlebenskünstler und mit erstaunlichen Strategien an ihre Umwelt angepasst. So ist die Entwicklungsdauer einer Kaulquappe stark von Temperatur, Nahrungsangebot und dem Vorhandensein von Wasser abhängig. Droht ein Gewässer zu verdunsten, legen die Kaulquappen den Turbogang ein: Sie werden quasi über Nacht erwachsen.
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Nächtliches Krötenkonzert unterm Förderband
Bernhard Demel zeigt bei den Führungen stets ein Exemplar im sogenannten „Krötengriff“. Dieser Griff umschließt den Unterkörper der oft sehr kräftigen Tiere und ermöglicht den Teilnehmern dabei einen guten Blick: Sie erkennen den namensgebenden Rückenstreifen und unzählige Warzen auf der Haut der Kröte. Und natürlich wird das Tier danach unversehrt wieder in Freiheit entlassen. An einem besonders schönen Aussichtspunkt verweilen die Besucher dann, um zu lauschen. Denn allabendlich ertönt hier ein vielstimmiges Konzert aus Dutzenden Krötenkehlen.
Gemeinschaftsgarten auf der Bonnekamphöhe
Großköpfige Dahlien, die in voller Blüte stehen. Kleine Apfelbäume, deren Früchte noch unreif sind. Und Gemüse, das massenhaft aus dem Boden sprießt – der Gemeinschaftsgarten auf der Bonnekamphöhe in Essen ist ein Meer aus Bäumen, Büschen und Beeten. Dass es den offenen Stadtteilgarten mitten im Problem-Stadtteil Katernberg gibt, ist dem Biologen Hubertus Ahlers zu verdanken. Er hat all seine Zeit und Energie in den Garten investiert.
Gemeinnützige Stiftung zum Wohl von Mensch & Natur
Mittlerweile lassen sich auf der Bonnekamphöhe Politiker aller Couleur gerne mit Kindern oder Stauden fotografieren. Als Hubertus Ahlers vor fünf Jahren das Gartenprojekt startete, sah das noch ganz anders aus. Sogar Haschischanbau unterstellte man ihm damals. Das änderte sich, als er den Garten in eine gemeinnützige Stiftung umwandelte. Heute ist hier ein Biotop für gefährdete Tiere – allein 15 Libellenarten fliegen über einen kleinen Teich. Kinder lernen, was Natur bedeutet. Und ihre Eltern decken sich mit Biogemüse ein. Denn das wird gegen Spende gerne abgetreten.
Der besondere Buchtipp:
In meinem neuen NRW-Reiseführer „Die schönsten Wildtierbeobachtungen“* stelle ich neben der Amphibien-Führung auf Zeche Zollverein noch viele weitere spannende Tiere vor, die in Rahmen von Führungen in NRW bewundert werden können. Erschienen ist das Buch soeben im Klartext-Verlag, Essen.
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