Mittelalterliche Architektur. Prunkvolle Schlösser und eine große Vergangenheit – viele Kleinstädte in Deutschland begeistern auf den ersten Blick. Kann man hier doch durch schmale Kopfsteingassen schlendern. Pittoreske Fachwerkhäuser bewundern und zu moderaten Preisen übernachten. Gerade in Corona-Zeiten scheint ein Citytrip in kleinere, weniger besuchte Städte zudem die bessere Wahl zu schein. Deshalb möchte ich in diesem Artikel 10 kleine deutsche Städte vorstellen, die ein besonderes Flair verströmen.
1. Kleine deutsche Städte – Lemgo
Lemgo ist eine historische Kleinstadt in Ostwestfalen-Lippe. Von den Touristenströmen ist die Stadt bisher übersehen worden. Dabei gibt es gute Gründe, Lemgo zu besuchen. Die Stadt ist ein Paradebeispiel der „Weserrenaissance“. Im 16. und 17. Jahrhundert herrschte in Europa der Renaissance-Stil vor und im Weserraum hat er zu besonders vielen, besonders schönen Bauten geführt: Überall in Lemgo findet ihr prachtvolle Zeugnisse der Epoche. Deshalb ist bereits ein kurzer Spaziergang durch den Ort ein Erlebnis.
Düstere Vergangenheit
Wer sich intensiver mit der Stadt befasst, stößt auf weniger schöne Dinge: Lemgo war ein Zentrum der Hexenverfolgung in Deutschland. Hunderte Menschen wurden hier angeklagt, gefoltert und letztlich verbrannt. Im örtlichen Museum, das in einem der schönsten Kaufmannshäuser der Stadt untergebracht ist, werden original Folterinstrumente der damaligen Zeit ausgestellt.
Zum Weiterlesen: Lemgo – Hesen, Geister und grausame Menschen.
2. Schöne kleine deutsche Städte – Hillesheim
Wuchtige Befestigungsmauern aus dem 13. Jahrhundert umgeben das Städtchen Hillesheim in der Eifel. Vor den Stadtmauern gibt es geballte Natur und dahinter stehen kleine, bunte Häuschen, die an sonnigen Tagen fast karibisch anmuten. Und nicht zuletzt ist Hillesheim die heimliche Krimihauptstadt Deutschlands. An keinem anderen Ort werden Mord und Totschlag humorvoller in Szene gesetzt wie in dem 3.000 Seelen-Ort. Für mich ist Hillesheim ein echter Geheimtipp, den es zu entdecken lohnt.
Mord und Mokka
Im Hillesheimer Kriminalhauses befindet sich das Café Sherlock. Eine skurrile Hommage an die großen Ermittler der Kriminalliteratur, voll gepackt mit originellen Devotionalien. Nebenan liegt eine Buchhandlung mit Blutflecken auf dem Teppichboden und Mordwaffen in den Regalen. Und in der oberen Etage des Hauses ist die größte Krimi-Bibliothek des Landes mit über 30.000 Bänden untergebracht.
Hoteltipp für Hillesheim
Wer das Krimierlebnis intensivieren möchte, kann über Nacht im Krimihotel von Hillesheim* einchecken. Der imposante, dreigeschossige Bau hat kleine Türmchen und eine reich verzierte Fassade. Die Themenzimmer des Hotels sind Hobbydetektiven, Polizeibeamten und Agenten gewidmet: von Miss Marple über Derrick bis James Bond.
3. Köthen – die Bachstadt
Köthen, eine Kleinstadt in Sachsen-Anhalt, ist den wenigsten Menschen in Westdeutschland ein Begriff. Dabei hat die ehemalige Residenzstadt des anhaltinischen Fürstengeschlechts eine Menge zu bieten: zuallererst schöne Schlösser und bedeutende Kirchen. Dann eine besondere Atmosphäre, in der sich Geistesgrößen wie Bach und Hahnemann, der Begründer der Homöopathie, wohlfühlten. Und nicht zuletzt ein spannendes Umland.
Kleine deutsche Städte – Geballte Schönheit
Köthen bezeichnet sich selbst als „Bachstadt“ Und tatsächlich hat sich der berühmte Komponist in der Stadt besonders wohlgefühlt. Von 1717 bis 1723 wirkte er hier als Hofkapellmeister des Fürsten Leopold von Anhalt-Köthen. Während dieser Zeit schuf er u.a. die Brandenburgischen Konzerte. Besonders empfehlenswert ist ein Konzertbesuch in der kleinen Schlosskapelle von Köthen – denn hier hat der Meister persönlich gespielt.
Kombi-Tipp: Das Umland von Köthen ist schlicht spektakulär. Nur rund 25 Kilometer entfernt liegt das „Gartenreich Dessau-Wörlitz“, ein Weltkulturerbe, das seinesgleichen sucht.
4. Zons – die Mittelalterstadt
Zons ist so schön, dass es natürlich längst entdeckt wurde. Als „Geheimtipp“ kann das traumhaft schöne Mittelalterstädtchen deshalb nicht mehr durchgehen. Auch lässt der selbstgewählte Beiname „Rothenburg am Rhein“ befürchten, dass hier bald die Busse vorfahren. Doch noch ist es nicht so weit. Und wenn ihr es einrichten könnt, das Städtchen unter der Woche zu besuchen, werdet ihr einen nahezu märchenhaften Ort vorfinden. Allein die Lage in den Rheinauen zwischen Köln und Düsseldorf ist Idylle pur.
In Zons kann man wunderbar flanieren. In einem der urigen Lokale einkehren. Dem Mittelalter begegnet man dabei an jeder Ecke: es gibt eine uralte Mühle, Schießscharten, die den Blick auf die umliegenden Auenwälder lenken. Und imposante Türme, die noch heute über den mittelalterlichen Ort zu wachen scheinen.
Hoteltipp für Zons
Mitten in der Mittelalterkulisse und mit direktem Rheinblick könnt ihr stilvoll im Hotel „Schloss Friedestrom“ übernachten – es liegt unmittebar am historischen Stadttor und den Rheinwiesen.
5. Kleine deutsche Städte – Stolberg, die Kupferstadt
Stolberg liegt im Schatten der Kaiserstadt Aachen und wird daher gerne übersehen. Dabei hat die Stadt eine fast ebenso spannende Geschichte: Gemeinsam bildeten Aachen und Stolberg das Zentrum der deutschen Frühindustrialisierung. Dazu kommt eine Altstadt, in der die Kupferhöfe liegen. Diese früheren Industrieanlagen sind die einzigen ihrer Art in ganz Deutschland und architektonische Juwele.
Zum Heiraten schön
Wer die wehrhaften, aus Bruchstein errichteten mehrflügeligen Anlagen betritt, unternimmt eine Zeitreise. In den Innenhöfen stehen alte Bäume, große Blumenkübel und gusseiserne Bänke, die zum Verweilen einladen. Der Kupferhof „Rosenthal“ ist wahrscheinlich der schönste der Höfe. Hier zeugt alles vom früheren Reichtum der Kupfermeister. Die gesamte Anlage steht unter Denkmalschutz und kann für Hochzeiten angemietet werden. Zu besonderen Anlässen, wie der langen Museumsnacht oder dem Tag des offenen Denkmals, ist der Kupferhof Rosenthal für Besucher geöffnet.
Zum Weiterlesen: Die Kupferstadt Stolberg.
6. Masserberg – Perle am Rennsteig
Masserberg ist eine kleine Gemeinde im Thüringer Wald mit gerade einmal 2.200 Einwohner. Der Ort ist ausgesprochen pittoresk und darf sich seit 1999 „Heilklimatischer Kurort“ nennen – soweit, so unspektakulär. Was Masserberg besonders macht, sind Lage und Geschichte. Der Rennsteig, einer der schönsten Wanderwege Deutschlands, führt mitten durch den Ort. Alte Handwerkstraditionen des Thüringer Waldes und eine große Gastlichkeit werden hier gepflegt.
Hoteltipp für Masserberg
Manche Menschen haben mit Masserberg allerdings ein Problem. Sie stört die Ruhe! Ich musste herzlich lachen, als die Bewohner mir diese Geschichte erzählten. Denn ich habe sie sehr genossen, genauso wie die Übernachtung im Hotel Kurhaus Masserberg*. Im Wald vor den Fenstern rauscht nur der Wind in den Baumkronen. Sogar die Vögel sind hier rücksichtsvoll. Zu dem kleinen Hotel gehört auch noch ein stilvolles Restaurant und ein idyllisches Café – in beiden lässt es sich zu moderaten Preisen hervorragend speisen.
7. Ansbach – Stadt des Rokoko
Ansbach ist eine typische fränkische Residenzstadt. 500 Jahre lang haben hier die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach – eine Nebenlinie der berühmten Hohenzollern – residiert. Ihr Erbe ist ein wunderschönes Residenzschloss mit angeschlossener Orangerie und weitläufigem Hofgarten. Dazu imposante Gotteshäuser und natürlich ganz viel Geschichte, die man überall in der Stadt spürt.
Berühmte Festspiele
Ansbach ist berühmt für seine Rokoko-Festspiele. Der örtliche Heimatverein veranstaltet sie jährlich mit großer Liebe zum Detail. Das ganze Jahr über arbeiten die Vereinsmitglieder an ihren Kostümen, proben und perfektionieren. Zur Aufführung ist dann die ganze Stadt auf den Beinen, um in den Schlossanlagen die Rokoko-Zeit wiederauferstehen zu lassen.
8. Kleine deutsche Städte – Münstermaifeld
Das kleine Städtchen kann auf eine große Geschichte zurückblicken. Im 13. Jahrhundert wurde Münstermaifeld in einem Atemzug mit Koblenz und Trier genannt. Aus der Glanzzeit zurückgeblieben ist ein altmodischer Charme, den Besucher in fast jedem Winkel des Städtchens spüren.
Religiöse Vielfalt
Besonders beindruckend sind die religiösen Gebäude in Münstermaifeld. Allen voran das christliche Münster, das auf einer kleinen Anhöhe thront, und die wieder aufgebaute jüdische Synagoge in den kleinen Gassen der Altstadt. Vor der NS-Diktatur gab es ein reiches jüdisches Leben in Münstermaifeld. Daran erinnert ein Erlebnismuseum, das die Vergangenheit wieder auferstehen lässt. Ein El Dorado für Vintage-Fans, denn alle Ausstellungsstücke sind Originale.
9. Bad Berleburg am Rothaarsteig
Die malerische Trasse der Rothaarbahn endet in Bad Berleburg. Umgeben von dichten Fichtenwäldern stehen hier die typischen Fach- und Schieferhäuser des Siegerlandes. Und in ihrer Mitte thront Schloss Berleburg. Eines der wenigen Schlösser in NRW, das noch von den Eigentümern selbst bewohnt wird. Die Fürstenfamilie zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg lebt hier seit 750 Jahren. Bei Schlossführungen erfahren Besucher unterhaltsame Details aus dem Leben des europäischen Hochadels, der Jahrhunderte lang in Berleburg ein und aus ging.
Das Umland des Städtchens ist perfekt zum Wandern und natürlich sollte den berühmten Wisenten eine Besuch abgestattet werden.
10. Kleine deutsche Städte – Dinkelsbühl, die Karpfenstadt
Dinkelsbühl ist eine der schönsten Städte im bayrischen Franken. Wer die Stadt durch eines der großen Tore betritt, ist sofort begeistert. Überall verwinkelte Gässchen, stolze Türme und bunte Fachwerkfassaden. In Dinkelsbühl zeigt sich das Mittelalter von seiner buntesten und schönsten Seite. Dass Einwohner und Besucher sich noch heute an der filmreifen Kulisse erfreuen dürfen, hat dabei einen ganz profanen Grund: Armut. Den Dinkelsbühlern fehlte es nach dem Mittelalter schlicht an Geld für neue Bauten. So wurden die alten Häuser immer nur renoviert.
Fischerntewochen in der Stadt
Kulinarisch hat sich Dinkelsbühl dem Karpfen verschrieben. Ihm zu Ehren werden sogar Fischerntewochen in der Stadt abgehalten. „Karpfen blau“ ist schon seit Jahrhunderten das Traditionsgericht der Stadt. Überall vor den historischen Stadtmauern gibt es Teiche. In ihnen schwimmen Karpfen, aber auch Zander, Welse und Forellen. Im Herbst beginnt für die örtlichen Teichwirte die Erntezeit. Die Dinkelsbühler Teiche werden abgefischt – sehr zur Freude der Touristen, die sich regelmäßig zu dem morgendlichen Ereignis einfinden.
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R.A.Liebold meint
Der Weihnachtsmarkt von Dinkelsbühl ist noch sehr erwähnenswert..! Ansonsten kann ich nur zustimmen! Eine wirklich goldige und wunderschöne Stadt..!
Antje meint
Den kenne ich noch nicht – danke für den Tipp und das Interesse. 🙂
Petra meint
Da hätte ich auch noch einen Vorschlag zu machen:
Die Hansestadt Soest – ca. 50 km von Dortmund entfernt, mittelalterlich mit der Kirche Maria zur Wiese (eine Schwester des Kölner Doms), mit viel Flair und Esprit und im November der größten Innenstadtkirmes Europas. Die neuesten modernen Karussells zwischen Fachwerkhäusern und Kirchen, das muss man gesehen haben. Dieses Jahr wegen Corona leider nicht, aber da die Kirmes schon über 600 Jahre stattfand, wird es nächstes Jahr bestimmt auch wieder sein!
Antje meint
Das ist ein sehr schöner Tipp, vielen Dank dafür. Ich werde Soest sicherlich einmal besuchen. 🙂